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Das Interview zum Rücktritt

Viel auf den Weg gebracht

Präzise zu seinem 65. Geburtstag hat Bürgermeister Ernst Morgenbesser seinen Rückzug aus der Politik bekanntgegeben. Den Parteiobmann hat er am 4. Juli an Wolfgang Schredl übertragen, am 5. Juli wurden die MitarbeiterInnen und die Öffentlichkeit in der Früh informiert, dass er auch aus dem Amt des Bürgermeisters ausscheiden wird. „Unsere Heimat“ hat Ernst Morgenbesser unmittelbar danach getroffen. UH: Lieber Ernst! Von uns allen, von der Redaktion: Alles Gute zu deinem heutigen Geburtstag! EM: Danke, es ist schön den 65er gesund und munter feiern zu dürfen. UH: Du hast gründlich überlegt und jetzt es ist so weit: Du nimmst deinen 65. Geburtstag auch zum Anlass, um dich aus deinen Ämtern zurückzuziehen. Du hast heute offiziell mitgeteilt, dass du dich in die Polit-Pension begeben wirst. Wie fühlst du dich jetzt? EM: Irgendwie erleichtert. Ich habe mich vor einem Jahr entschieden, bei der Wahl 2020 nicht mehr für eine weitere Kandidatur zur Verfügung zu stehen. Ich habe innere Einkehr gehalten, mich mit meiner Frau und meiner Familie besprochen. Einem kleinen Kreis des Parteivorstandes habe ich dann meine Entscheidung mitgeteilt. So wollte ich gemeinsam eine geordnete Übergabe vorbereiten. Für alles gibt es eine Zeit - eine Zeit zum Behalten und eine Zeit zum Loslassen. 10 Jahre habe ich mich intensiv in die Gemeindepolitik von Breitenfurt eingebracht. Mit 65 überlegt man, wie man über seine noch bleibende Zeit verfügen soll. Einer meiner jüngeren Brüder ist mit 46 verstorben, mein älterer Bruder hat vor wenigen Wochen mit knapp 69 einen Schlaganfall erlitten, vor 5 Jahren habe ich selber eine schwere gesundheitliche Krise glücklich überstanden. Die Summe meiner Überlegungen hat zum Entschluss über meinen Ausstieg aus der Gemeindepolitik geführt. UH: Du warst zuerst als Geschäftsführender Gemeinderat für Bauwesen und dann seit Oktober 2012 Bürgermeister. Wie bist Du eigentlich in die Politik gekommen. Was hat Dich angetrieben. EM: Ich denke, das kommt von meinem katholischen Elternhaus - Bergbauern in Kirchberg am Wechsel, mein Vater war viele Jahre Vizebürgermeister- und von meiner humanistischen Bildung im Internat des Knabenseminars in Sachsenbrunn. Dann habe ich mich stark in der örtlichen Jungen ÖVP engagiert und danach im Bezirk, auf Landesebene als Vertreter des Industrieviertels, und schließlich auf Bundesebene – in Zeiten massiver Auseinandersetzungen mit den Linken in Fragen der Landesverteidigung. Durch Hausbau in Breitenfurt, Beruf und Familie gefordert habe ich dann Zeit gebraucht, neue Wurzeln zu schlagen und daher mich längere Zeit nicht politisch aktiv eingebracht. 2009 hat sich mir ein berufliches Fenster geöffnet, sodass ich wieder mehr Zeit für die Politik hatte. Ich habe einen Kurs für kommunales Management absolviert und dann den Wahlkampf für die Gemeinderatswahl 2010 geleitet. Als geschäftsführender Gemeinderat war ich für unser kommunales Bauwesen zuständig und habe entscheidende Personal- und Infrastrukturmaßnahmen getroffen. Als 2012 ein Nachfolger für Langzeitbürgermeister Ernst Herzig gesucht wurde, habe ich auf meine Geschäftsführerposition bei UNIQA Immobilien verzichtet und für das Bürgermeisteramt kandidiert. UH: Wenn Du auf diese Zeit zurückblickst, was hat dir am meisten Freude gemacht? EM: Es gibt für mich zwei besondere Freuden: Das eine ist, im christlich-humanistischen Sinne zu helfen. Das fängt im Kleinen an, bei Nachbarschaftskonflikten, Sorgen um gute Betreuung von Angehörigen oder Kindern, bis hin zur Flüchtlingsinitiative, wo wir für Menschen in Not miteinander seit 2015 viel geleistet haben. Das andere ist - nicht nur weil ich ein gelernter Architekt bin - die Freude mit unseren Bauprojekten: Das reicht vom Ausbau des Kompostplatzes, über die Neugestaltung des Gemeindeamtes, über unser Wohnbauprojekt und unseren wunderbaren Spielplatz samtbespielbarer Bushaltestelle bis hin zum Baubeginn für den Kindergarten und die Kleinkinderbetreuung am Kardinal Piffl-Platz. UH: Wir haben für Deinen Geburtstag ein wenig recherchiert, und da ist eine sehr, sehr lange Liste zusammengekommen, von Dingen, die Du gemacht bzw. auf den Weg gebracht hast. EM: [lacht] Wir haben in den letzten 10 Jahren viel auf den Weg gebracht - mit unserem starken Team der Volkspartei und in Koalition mit den Sozialdemokraten. Was gebaut ist, ist leicht sichtbar. Es gibt aber auch viele Stellschrauben in der täglichen Verwaltung der Marktgemeinde, die ich justieren konnte. Ich habe auch versucht, die Bevölkerung in wichtige Entscheidungen einzubinden. Dazu haben wir im Projekt Breitenfurt.2023 Befragungen und Workshops durchgeführt. Auch in Richtung Nachhaltigkeit konnte ich einige Schritte setzen: Breitenfurt hat als erste in Österreich das EMAS-Umweltmanagement- Zertifikat für die gesamte Gemeinde erhalten. Wir haben Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden errichtet und die E-Mobilität gefördert. Der öffentliche Verkehr wurde verbessert und in der Raumordnung sind wir neue Wege gegangen. UH: Mit dem Generationenplan hast Du das ja auch in ein Gesamtkonzept gegossen. EM: Ziel das Planes war ein Rahmen für die Ortsentwicklung. Das ist auch gut gelungen und zukünftige Entscheidungsträger werden wohl noch oft darauf zurückgreifen. UH: Gibt es auch Dinge, an die du weniger gern zurückdenkst? EM: Es war schwer zu verdauen, dass wir trotz hervorragender Umfragewerte bei den Wahlen 2015 aufgrund des unfairen und untergriffigen Wahlkampfs der Opposition schwere Verluste hinnehmen mussten. Und dann war da der Dezember 2013, der mir den Boden unter den Füßen weggerissen hat. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich wieder gesund zurück war. Aber ich konnte mir die Zeit nehmen, da ich mich auf mein Team voll und ganz verlassen konnte. UH: Du bist ja Gott sei Dank wieder zurückgekommen und wirkst heute fitter denn je. Was wirst du jetzt in der Pension machen? EM: Ich freue mich auf mehr Zeit mit Muße. Ich habe ja einige Hobbies, so möchte ich öfter bergsteigen, Motorrad fahren und verreisen, und mehr Zeit mit meiner Familie und meiner Frau verbringen. UH: Deine Sissy hat dich immer bei deinen Aufgaben unterstützt. EM: Ich bin meiner Frau und meiner Familie sehr dankbar. Sissy und meine ganze Familie haben mich immer unterstützt. Danken möchte ich aber auch meinen politischen Weggefährten in der Partei, die mir viel Kraft gegeben haben, und jenen in der Koalition und im Gemeinderat, den Mitarbeitern und allen Breitenfurterinnen und Breitenfurtern, die mich auch in schwierigen Zeiten immer wieder ermutigt haben. UH: Was wünscht du dir für die Zukunft unseren Ort? EM: In einer Demokratie geht es um das Bilden breiter Mehrheiten. Nur so kann man die Gemeinde in die Richtung verändern, die man anstrebt. Die Pflöcke sind eingeschlagen. Breitenfurt wünsche ich mir in guten Händen und eine gute, von einem positiven Miteinander geprägte Zukunft. UH: Lieber Ernst: Vielen Dank und alles Gute für die Zukunft!

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